Es war in den ersten Tagen des Heumonats 1843, als die ganze Stadt Rom durch mehrere Wunder in freudige Bewegung gerieth, die sich bei dem Muttergottesbilde von Ghetto ereigneten.
Eine arme Frau hatte ein fünfjähriges Kind, das an dem einen Auge von Geburt an blind, später durch Krankheit auch noch das andere verlor. Da alle ärztliche Hülfe vergeblich war, nahm die Mutter ihre Zuflucht zur Madonna von Ghetto, deren Bildniß in der Nähe der Judengasse sich befindet. Sie begab sich also sammt ihrem Kinde an diesen Ort, um da zu beten. Bald wurde sie erhört. Das blinde Kind fieng plötzlich zu schreien an: "Mutter, Mutter, ich sehe eine Muttergottes!" Und wirklich war das Muttergottesbild nun der erste Gegenstand, den das Kind nach seiner wunderbaren und vollständigen Heilung erblickte. Das Wunder verbreitete sich schnell, und zahllose Menschen kamen nun herbei, um das Bild zu sehen. Dasselbe wurde geschmückt, und des Abends recht schön beleuchtet. Der Andrang des Volkes war so groß, daß die Polizei, um Unfällen vorzubeugen, sich veranlaßt sah, zwanzig Mann als Wache hinzuschicken.
Um die nämliche Zeit wurde auch ein lahmer Maurer, der dort immer bettelte, vollkommen hergestellt.
Ein drittes Wunder bei diesem Muttergotttesbilde war die Heilung eines lahmen Mädchens; es ereignete sich am 2. Juli. Dieses Mädchen, das Kind einer Wascherin, konnte sich schon von Geburt an seiner Füße nicht im Geringsten bedienen; denn die Knochen der Füße und Beine waren so weich wie Lumpen, und konnten den Körper unmöglich tragen. Am genannten Tage nun saß dieses Kind auf der Stiege seiner Wohnung, und wartete auf die Zurückkunft seiner Mutter. Da sprachen einige Vorübergehende zu ihm: "Geh' zur Madonna hin, welche vor einigen Tagen den lahmen Maurer geheilt hat." Das Kind, gestützt auf seine hölzernen Krücken, deren es sich mit Schnelligkeit zu bedienen wußte, machte sich alsogleich auf den Weg.
Vor dem Muttergottesbilde angekommen, betete es - nach seiner eigene Aussage - den Rosenkranz, die Litanei, das Salve Regina und noch einige kurze Gebetlein. Kaum hatte es geendigt, so sagte eine Stimme zu ihm: "Laß deine Krücken hier und geh'!" - Das Mädchen erhob sich, und zum ersten Male in seinem Leben begann es zu laufen.
Schon seitdem das erste Wunder sich ereignet hatte, wurden vor dem Muttergottesbilde viele Kerzen angezündet, und viele Leute beteten daselbst, welche nun beim Anblick des geheilten Mädchens sogleich zu rufen anfiengen: "Wieder ein Wunder!" Bald war das Mädchen von einer großen Menge Volkes umringt. Überall sah man Freudenthränen vergießen, und von allen Seiten her ertönte der Ruf: "Mutter Gottes, Gnade! Mutter Gottes, Dank!"
Die ganze Stadt Rom freut sich über diese Gnadenbeweise der glorreichen Himmelskönigin. Das wunderthätige Bild, 2 Schuh hoch und 1 1/2 Schuh breit, stand bis zum 4. Heumonat Abends unter dem Bogen Cenci, hinter dem Judenplatze. Am folgenden Tage hat das Generalvikariat dasselbe in die Kirche zu "S. Maria del pianto" übertragen lassen, und dort zur Verehrung auf den Hochaltar gestellt.
Gebet zur allerseligsten Jungfrau Maria, die man verehrt unter dem Titel: "Hülfe der Christen".
Heiligste, unbefleckte Jungfrau und meine liebe Mutter Maria! Zu Dir, der Mutter meines Gottes, der Königin der Welt, der Fürsprecherin, Hoffnung und Zuflucht der Sünder, zu Dir eile ich heute, ich, der Elendeste unter allen Elenden! -- Wie kann ich Dich würdig verehren, o große Königin! Wie Dir genugsam danken für die vielen Gnaden, welche deine Liebe mir bisher erzeigt hat! O liebenswürdigste Königin, durch die Liebe, welche Du zu uns trägst, verspreche ich Dir, von nun an Dir treu zu dienen, und auch, so viel mir möglich ist, zu machen, daß Du auch von Andern geehrt und geliebt wirst. Auf Dich setze ich alle meine Hoffnung, mein ganzes Heil; nimm mich zu deinem Diener an, und beschirme mich unter deinem Schutzmantel, o Mutter der Barmherzigkeit! Und da Du bei Gott so viel vermagst, bitte ich Dich, Du wollest mich aus allen Versuchungen erlösen, oder mir wenigstens die Kraft erwerben, dieselben jederzeit und besonders in der Stunde meines Todes zu besiegen. Amen.
V. Bitte für uns, o heilige Gottesgebärerin!
R. Auf daß wir würdig werden der Verheißungen Christi.
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