Fortsetzung des Ersten Teils:
Teresa Higginson war als Tochter einer englischen Konvetitin geboren, deren Bekehrungsgeschichte ebenso überraschend wie interessant ist. Mit mehreren Kusinen nach Rom gekommen, hatte diese in einer der Kirchen Roms einen englischen Priester getroffen, der die kunstbegeisterten Damen in liebenswürdiger Weise durch die Bauten und Denkmäler der Ewigen Stadt führte. Dem Theologen ihre Abneigung gegen alles Katholische und besonders den Jesuitenorden bekundend, war Miss Bowness - so war der Mädchenname von Mistress Higginson - außerordentlich erstaunt, in der Person ihres zuvorkommenden Führers selbst einen Priester der Gesellschaft Jesu zu erblicken. Ihre Vorurteile gegen den Katholizismus schwanden schnell dahin und - Miss Bowness wurde katholisch! Es war ein Akt heroischen Opfermutes, denn ihre Konversion bedeutete die sofortige Verstoßung aus ihrer Familie! Darauf einen trefflichen englischen Katholiken heiratend, wurde sie Mutter von acht Kindern. Und unter ihnen befand sich als drittes Teresa Higginson, die am 27. Mai 1844 zu Gainsborough in der Grafschaft Lincoln das Licht der Welt erblickte.
In härtester Abgeschiedenheit der Diaspora und unter ungünstigsten Verhältnissen aufgewachsen, wurde sie schon seit frühester Jugend mit auffallenden Gnadenerweisen überschüttet, die das ebenso lebhafte wie zarte und oft kränkliche Kind auf den hohen Beruf vorbereiteten, der ihrer harrte. Erstaunliches wäre schon aus ihren ersten Lebensjahren zu berichten, Tatsachen, die uns zeigen, wie der Wille Gottes auch in einem ganz überwiegend protestantischen Lande katholische Heilige, ja Mystiker zu erwecken vermag! Deutlicher trat dann ihr Gnadenleben hervor, als sie, nach zehnjähriger Erziehung in der Klosterschule zu Nottingham, durch die plötzliche Verarmung der Familie gezwungen, den Lehrerinnenberuf ergriff. Einen Beruf, den sie trotz häufiger Schwäche und Erkrankung in zäher Ausdauer bis zu ihrem Tode ausübte. Gerade aber die durch ihn bedingte Lebensweise ermöglichte es, daß ihre Kolleginnen schon in ihren ersten Berufsjahren jene auffallenden Zustände zu beobachten vermochten, die sich mehr und mehr bei ihr einstellten. Bald als Ekstasen und erstaunliche Gesichte erkannt, gesellten sich ihren Gaben schwere diabolische Anfechtungen hinzu, für deren Tatsächlichkeit wir die besten Zeugnisse besitzen. Zudem merkte man, daß sie lange Zeit ohne Nahrung und ohne Trank zu leben vermochte und daß sie verschwindend wenig schlief und ihre einzige Lebenskraft aus der heiligen Kommunion zu nehmen schien. Kurzum, es war eine Fülle mystischer Tatsachen, die sich bereits damals bei ihr zeigten, und die ihrer Umgebung reichlich zu denken gaben. Dabei war Teresa, wie Augenzeugen dem Verfasser berichtehn ein ganz heiterer und froher Mensch, der ob seiner ungezwungenen Natürlichkeit die Herzen aller gewann, ja der etwas Anziehendes in sich trug, das sich niemand näher erklären konnte. Um so mehr erregten ihre merkwürdigen und auffallenden Zustände schon den Ansturm der Hölle. Mit Anwürfen der Verstellung und Heuchelei überschüttet, durfte die schwächliche, bescheidene Lehrerin bald in der Diözese Liverpool nicht mehr unterrichten. Sie fand dafür nach mancherlei Wechsel ein Unterkommen in der Klosterschule zu Edinburgh, die zum Bistum Birmingham gehört. Und hier wußte die verständige Oberin dafür zu sorgen, daß von ihren merkwürdigen Zuständen so wenig wie möglich an die Öffentlichkeit drang.
Schon in der Pfarrschule zu Wigan, wo sie ab 1872 beschäftigt war, wurde sie von Gott mit immer größerer Zielsicherheit auf den Weg des vertrauten Umganges mit Ihm und zur mystischen Vereinigung geführt. Die Ekstasen der in strengster Abtötung Lebenden wurden häufiger und häufiger. An äußeren Gaben traten die Bilokation und Herzenskenntnis hinzu; ferner die Gnadengabe der Prophetie; u.a. sagte sie den Weltkrieg voraus und daß man in der Luft und unter dem Wasser kampfen werde.
Inzwischen aber war bereits bei ihr jenes Phänomen hervorgetreten, das sie (unseres Wissens) zur ersten Stigmatisierten ihres Vaterlandes werden ließ, - eine Tatsache, die uns in unserem Zusammenhange entscheidend interessiert: In der Karwoche des Jahres 1874 erlebte sie zum ersten Male die Passion Unseres Herrn in ekstatischer und umfassender Weise; zwei ihrer Kolleginnen waren Zeugen derselben und schrieben den Verlauf ihrer Leiden mit aller Genauigkeit auf. Hierbei trifft sie zugleich in überraschender Weise die Einprägung der Wundmale des Gekreuzigten. Bereits am Freitag der Passionswoche, also acht Tage vor Karfreitag, empfing sie die Stigmata. Sofort bat sie inständig den Herrn, ihr die Wundmale wieder zu nehmen; aber die Zeichen der Passion Christi hielten bis zum Karfreitag bei ihr an, an welchem Tage Pater Wells, ihr damaliger Seelenführer, noch eines der Stigmen sah, während die anderen am Morgen desselben Tages verschwunden waren. Aber bei einer anderen Gelegenheit öffneten sich die Male erneut. Dazu wurden die betreffenden Stellen der Sitz starker Schmerzen. Teresa Higginson schreibt selbst darüber: "In der Mitte der Hände, an den Füßen, am Kopfe und am Herzen waren sie zeitweise außerordentlich groß, aber ich empfand stets eine Linderung, wenn sie bluteten, was aber nicht sehr häufig geschah. Ich habe auch einen heftigen Schmerz auf den Schultern. Ich schäme mich, es Schmerzen zu nennen, denn ich weiß, daß es überaus großen Ganden sind, die ich niemals verdient, mit denen ich auch nichts zu tun habe. Sie sind alle dein, o mein Gott, wie all die Gnaden dein waren, die du mir gewährt hast. Ich wußte anfangs nicht, was die Ursache dieser Gnaden sei, aber vor ungefähr zehn oder zwölf Jahren merkte ich, daß sie an Freitagen, an Festen unseres Herrn und während der Fasten stets schlimmer wurden. Ich habe aus ihnen stets große, geistige Stärkung und Segen geerntet. Oft, wenn ich fühlte, daß ich meine arme menschliche Natur in keiner Weise mehr ertragen konnte, habe ich diese Stellen gepreßt, wie wenn sie Quellen des Lebens für mich wären, und ich war dann stets imstande, es zu ertragen. Ich glaube, daß mir der Heiland große Hilfe gewährte, wenn ich so tat."
Miss Ryland, ihre Kollegin, die auf dem gleichen Zimmer mit ihr wohnte, gibt einen genauen Bericht über alles das, was sie an ihr zur Zeit dieser Leiden wahrnahm. Zunächst schildert sie den Empfang der Dornenkrone, dann, wie Teresa am folgenden Morgen die bereits am Freitag empfangenen Stigmata zu verbergen suchte, sich aber durch das Blut, das sich an ihrem Handtuche fand, verriet und wie die Erscheinungen jeden Morgen erneut auftraten. Miss Ryland fährt fort: "Am Karfreitag gingen wir zur Morgenandacht und ließen Miss Higginson im Bett und die Haustür verschlossen. Als wir zurückkamen, liefen wir beide sofort hinauf zu ihr und fanden sie auf dem Bett ausgetreckt. Sie hielt ihre Arme in Form eines Kreuzes, und an ihren Händen waren Wunden. Ich ging wie gewöhnlich nicht zu nahe heran. Ich sah eben noch, wie Miss Woodward die Kleider von dem unteren Ende des Bettes zurückzog, um zu sehen, ob die Füße ebenso wären; da lief ich fort, um Pater Wells zu holen. Er kam. Sie lag noch immer so und er sagte zu mir: "Laufen Sie schnell zum Arzt." Ich ging, und als ich in Begleitung des Dr. Hart zurückkam, war sie wieder in natürlichem Zustand und sprach mit Pater Wells. Dr. Hart fand sie außerordentlich schwach, aber er konnte wie Pater Wells sagte, nicht erkennen, was ihr fehlte."
Den schweren Prüfungen der Stigmatisation folgte noch im gleichen Jahre (1874) die mystische Verlobung und schließlich die mystische Vermählung (am 23. Oktober 1877/78), also höchste Stufen der Gottvereinigung.
Aber all diesen Gnaden schienen sie nur in besonderer Weise auf die eigentliche Mission ihres Lebens vorzubereiten. So wie er einst einer hl. Gertrud und einer Margarete Alacoque durch den Anteil an seinen Leiden die innere Kraft und Glut gegeben, in ihrer Zeit für die Wiedererweckung der Gnadenkärfte der Erlösung in ganz bestimmter Art das Ihre zu tun, so sollte offenbar auch sie als Trägerin der Wundmale Christi und als Mitdulderin seiner Passion das innere Rüstzeug empfangen, in ganz eigener Weise an der religiösen Erneuerung ihres Vaterlandes und unserer modernen Zeit mitzuwirken! Von Gott in schmerzensreicher Ekstase der Erkenntnis seiner unendlichen Liebe zu uns Menchen gewürdigt, schien sie um so tiefer und nachhaltiger zum Apostel seiner erhabenen Absichten berufen zu werden. Und hier stoßen wir auf jenen Punkt ihres Entwicklungsganges, den sie selbst als eine erhabene Aufgabe ihres Lebens bezeichnet hat und den wir um der historischen Treue willen wenigstens kurz hier erwähnen müssen: auf die ihr - nach ihren mannigfaltigen Aussagen - gewordene Mission der Verehrung des hl. Hauptes Unseres Herrn, die sie geradezu als Krönung der Herz-Jesu-Verehrung bezeichnete, jenes "Hauptes als Sitz der göttlichen Weisheit", in dem der Herr am meisten für das Heil der Seelen gelitten und dessen unermeßliche Leiden sie als Mitdulderin der Dornenkrone und seiner Todesangst so recht in aller Tiefe ermaß. (Anklänge hieran finden wir auch bei Katharina Emmerich.)
Schrecklich war - um nur eine ihrer prophetischen Visionen hier anzuführen -, was der Herr seiner Dienerin Teresa über die Endzeit der Kirche und die damit zusammentreffenden "Tage des Hochmutes, des Eigenwillens, der Auflehnung gegen die Kirche und des intellektuellen Hochmutes" offenbarte - und um so tröstlicher war, was er über den Sieg der Verehrung seines hl. Weisheit sagte:
"Ware es nicht im Gehorsam, ich würde es nie wagen, die schreckensvollen Dinge zu beschreiben, die mir gezeigt wurden..."
"Ich weiß nicht, wie und wohin ich gebracht wurde, aber es schien mir, ich sei auf einem hohen Platze und sah auf die Erde hinab. Zuerst sah ich eine Wolke von Finsternis die Erde umfassen, eine wirkliche, dichte, materielle Finsternis, die, wie ich auch verstand, dazu noch die Geistesverfinsterung darstellte, in die sich der Mensch selbst gestürzt hatte. Dann hörte ich das Dröhnen mächtigen Donners und sah den Blitz leuchten, und es schien mir, wie wenn Bälle von Feuer auf die Erde fielen und sie in ihrem Mittelpunkte trafen, Felsen in Trümmer zersplitternd. Und ich hörte das Rauschen von Wassern, und schreckliches Trauerklagen stieg von der Erde herauf. Und indem ich mich demütig niederwarf, flehte ich duch das kostbare Blut und das bittere Leiden Jesu Christi um Gnade, denn durch dieses Dunkel konnte man deutliche Sterne auf dem Grunde der Erde blitzen sehen (die heiligen Tabernakel seiner Liebe), und ich bat Gott, nicht auf uns zu schauen, sondern auf das Angesicht seines Sohnes. Und ich hörte eine mächtige Stimme sagen: "Ich will dieses Volk nicht retten, denn sie sind Fleisch. Bitte mich nicht in seinem Blute, denn sein Blut ist über ihnen."
"Ich kann nicht sagen, wie lange dieses dauerte, denn ich hatte ebenso sehr Angst wie ich niedergedrückt war. Dann aber hörte ich eine Stimme, und ich wußte ganz bestimmt, es war die unseres lieben Herrn und Heilandes Jesus Christus, welche sprach: "Sage, daß nicht eines von diesen, die mir gegeben sind, verloren gehen soll." "Dann hörten die Erdbeben auf, und die Blitze erloschen, und ich gewahrte ausgehungerte, wahnsinnig blickende Gestalten, wie sie sich wankend auf ihre Füße erhoben, und ich sah das Zeichen auf ihren Stirnen, und mit ihnen und dem ganzen Hofe des Himmels pries und lobte ich jenen Gott der unendlichen Weisheit, der in seiner Barmherzigkeit uns in seinem Blute erlöst hat."
"Das Zeichen, das die Stirn der Geretteten zeichnet, ist die Weisheit, deren Sitz (das Haupt), wie Er sagt, öffentlich verehrt werden wird. Nach diesen Schrecken wird, wie ich gewahrte, ein großer Friede folgen. Wenn diese Dinge vorüber sein werden, werden sehr wenige übrig sein, die nicht ein Siegel auf der Stirn haben, doch werden diese dazu gebracht werden, die Weisheit des Vates anzubeten und den Hl. Geist, der in den Herzen und im Geiste seines Volkes wohnt. Die Kirche wird sich eines großen Friedens und der Ruhe freuen, und Gott wid angebetet, geliebt und erkannt werden, und man wird ihm dienen in der Wahrheit und der Tat."
Noch viele herrliche Visionen und Offenbarungen, die der Herr Teresa gegeben, müßten wir hier verzeichnen, um dem Leser die ganze Größe und Erhabenheit der Erleuchtungen vor Augen zu führen, die Gott seiner Dienerin - und damit auch der Welt - geschenkt hat. Genug, daß die ihr nahestehenden Personen und Priester diese mit erschütternder Klarheit begriffen.
Wichtig aber erscheint es bei der Fülle ihrer Offenbarungen, uns das nüchterne und klare Urteil vor Augen zu führen, das ihr Seelenführer, Pater Snow, über diese im Laufe jahrelanger Beobachtungen und Untersuchungen gewonnen hat und das sich auch die zuständige bischöfliche Behörde zu eigen machte. Derselbe schreibt u.a.: "Seit Benedikt XIV. in seiner Abhandlung über die Heiligsprechung sagte, daß man großes Gewicht auf die Meinung des Seelenführers, des Dieners Gotts, legen müßte, würde ich unrecht zu handeln glauben, wenn ich stürbe, ohne eine Erklärung zu hinterlasen, die ich hiermit mache: daß es meine feste Überzeugung ist, daß Teresa Higginson von ihrer frühesten Kindheit an zu einem außerordentlich hohen Grade der Heiligkeit berufen war und daß sie auf außergewöhnlichen Wegen geführt wurde; daß sie die verschiedenen Stufen des Gebetes und der Vereinigung eine nach der anderen durchmachte einschließlich der mystischen Vermählung... Disse Überzeugung gründet sich auf meine genaue Kenntnis von ihr, ihres Inneren, ihrer Lebensweise, ihrer heroischen Tugenden, ihrer Leiden und Vesuchungen, ihrer Schriften, der Analogie zwischen ihrem Leiden und dem Leben der Heiligen, und dies alles zusammen mit meiner Kenntnis der mystischen Theologie, die ich zum Gegenstand beständigen und ernsten Studiums machte.
Am 14. September 1904 erlitt die Begnadete einen Schlaganfall, an dessen Folgen sie am 15. Februar 1905 starb. Ihr zuständiger Bischof aber griff das Beispiel ihres Lebens auf: nicht nur daß der Seligsprechungsprozeß der Stigmatisierten eingeleitet wurde, nein, der Erzbischof von Liverpool trat persönlich für die Verbreitung ihrer Lebensgeschichte ein. In einem Brief, den er anläßlich der Übersetzung der großen Biographie von Cecil Kerr schrieb, heißt es: "Niemand kann ihre Schriften lesen, ohne den tiefsten Eindruck von ihrer Rechtgläubigkeit zu erhalten. Sie schreibt über erhabene Gebiete, aber sie verliert sich niemals in Redewendungen, die nach Irrtum klingen. Sie hat niemals mystische Theologie studiert, aber die Schilderung ihrer inneren Erlebnisse stimmt mit allem überein, was uns die Meister der Mystik darüber sagen. Als Seelenführer hatte sie Priester meiner Erzdiözse, die wegen ihrer Klugheit, Frömmigkeit und Gelehrsamkeit in hohem Ansehen standen. Deren Urteil über ihre Tugend ist schließlich von besonderem Werte..."
Die Verbreitung ihrer Lebensgeschichte begrüßend, schrieb er zudem die uns besonders interssierenden Worte: "Wir segnen daher die Übersetzung dieses Buches und beten von Herzen, daß es auf seinem Wege für viele Seelen eine Anregung werden möge, unseren göttlichen Erlöser zu lieben und ihm zu dienen."
Möge ihr Leben, dessen Darstellung inzwischen in gekürzter Form in deutscher Sprache vorliegt, immer mehr den Weg zum Herzen auch von uns allen finden, auf daß auch uns die hohen Gnaden, die in ihm beschlossen sind, zuteil werden.
Siehe ferner:
Haupt-Christi-Novene
Teresa Higginson - Prière pour obtenir la béatification de la Servante de Dieu
The Adoration of the Sacred Head of Christ
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