Donnerstag, April 19, 2007

Erweckung eines Toten durch den heiligen Don Giovanni Bosco

Die folgende Erweckung eines Toten durch Don Bosco bringen wir in der Darstellung seines Biographen Joh. B. Lemoyne, der jahrzehntelang mit dem Heiligen zusammen gelebt hat und der wichtigste Zeuge für sein Leben ist (Der sel. Don Johannes Bosco, erster Band B, München 1927, S. 492-95).

Ein Knabe von fünfzehn Jahren, namens Karl, der regelmäßig das Oratorium des heiligen Franz von Sales (ein Tagesheim für Jugendliche bei den Salesianern Don Boscos) besuchte, wurde schwer krank, und binnen kurzem lag er im Sterben. Er wohnte in einem Speisehaus und war der Sohn des Wirtes. Der Arzt erkannte die Gefahr und riet den Eltern, sie möchten den Kranken zum Beichten auffordern. Schmerzerfüllt fragten sie den Sohn, welchen Priester sie rufen sollten. Der Kranke zeigte großes Verlangen nach seinem gewöhnlichen Beichtvater, Don Bosco. Sogleich wurde nach dem Diener Gottes geschickt, aber zum großen Leidwesen erhielt man die Nachricht, daß er zur Zeit nicht in Turin sei. Dies betrübte den Knaben sehr; er verlangte nun nach dem Kaplan, der auch sogleich kam. Anderhalb Tage darauf starb er, nachdem er noch oft nach Don Bosco gefragt und verlangt hatte, mit ihm sprechen zu dürfen.
Als der Ehrwürdige zurückkehrte, teilte man ihm mit, daß öfter nach ihm geschickt worden sei; jener ihm wohlbekannte Knabe liege im Sterben und habe ihn aufs dringendste sprechen wollen. Don Bosco beeilte sich hinzugehen, 'denn', sagte er, 'vielleicht ist es noch Zeit' . Im Trauerhause traf er zuerst auf einen Diener, bei dem er sich gleich nach dem Befinden des Kranken erkundigte.'
Sie kommen zu spät', war die Antwort; 'vor etwa zwölf Stunden ist er gestorben!' Don Bosco erwiderte lächelnd:
'Ei, er schläft und Ihr glaubt, daß er gestorben ist?!'
Der Diener schaute ihn erstaunt und spöttisch an; der Ehrwürdige aber fuhr halb scherzhaft fort:
'Willst du eine Pinte mit mir wetten, daß er nicht tot ist?'
Bei diesen Worten brachen die anderen Hausbewohner, die inzwischen herbeigekommen waren, in lautes Weinen aus und versicherten, daß Karl leider Gottes nicht mehr am Leben sei. Don Bosco sagte:
'Soll ich es glauben? Gestattet mir, daß ich ihn sehe.'
Sogleich wurde er in das Zimmer geführt, wo Mutter und Tante in der Nähe des Dahingeschiedenen beteten. Der Leichnam war schon zum Begräbnis angekleidet, und nach damaliger Sitte war er in ein Leintuch, das man zusammengenäht hatte, eingehüllt und mit Flor bedeckt; nicht weit vom Bett brannte eine Kerze. Don Bosco trat näher und dachte dabei: 'Wer weiß, ob er seine letzte Beichte gut verrichtet hat! Wer weiß, welches Los seiner Seele jetzt beschieden ist!' Und er wendete sich zu dem, der ihn hereingeführt: 'Geh bitte hinaus und laß mich allein!'
Sodann verrichtete er ein kurzes, aber inbrünstiges Gehet, segnete den Knaben und rief zweimal mit gebieterischer Stimme: 'Karl, Karl! Steh auf!'
Bei diesem Ruf begann der Tote sich zu bewegen. Don Bosco verbarg sogleich das Licht, zerriß mit einem starken Ruck die Naht des Leintuches, damit der Knabe unbehindert wäre, und deckte sein Gesicht auf. Wie aus tiefem Schlafe erwachend, öffnete der Wiedererwachte nun die Augen und wendete sich um; dann richtete er sich etwas auf und sprach:
'O! ... wie komme ich auf dieses Bett?'
Dann wandte er sich um, und sein Blick fiel auf Don Bosco. Kaum hatte er ihn erkannt, so rief er aus:
'O, Don Bosco! Ach, wenn Sie wüßten! Ich habe Sie so sehnlich erwartet! Sie habe ich gesucht ... Ich brauche Sie dringend. Gott hat Sie mir geschickt ... 0, das ist recht, daß Sie gekommen sind und mich aufgeweckt haben!'
Der Ehrwürdige sprach:
'Sage nur, was du von mir willst; deinetwegen bin ich hier.'
Darauf sagte der Knabe:
'Ach, Don Bosco, ich müßte jetzt eigentlich am Orte der Verdammnis weilen. Als ich das letzte Mal beichtete, wagte ich nicht, eine Sünde zu bekennen, die ich vor einigen Wochen begangen hatte ... Es war ein Kamerad, der schlechte Reden führte ... Ich hatte nun einen Traum, der mich sehr erschreckt hat: Es träumte mir, ich wäre am Rand eines ungeheuren Hochofens und flüchtete vor vielen Teufeln, die mich verfolgten und ergreifen wollten. Schon waren sie daran, sich auf mich zu stürzen und mich ins Feuer zu werfen, da trat eine edle Frau zwischen mich und jene häßlichen Untiere und sprach: 'Wartet; er ist noch nicht gerichtet!' Nach einer Zeit ängstlichen Harrens hörte ich Ihre Stimme, die mich rief, und ich erwachte; und jetzt möchte ich beichten.' Die Mutter war schon gleich zu Anfang, erschrocken und tief bewegt von dem, was sie sah, mit der Tante auf einen Wink Don Boscos hinausgegangen, um die Familie zusammenzurufen. Der arme Knabe hingegen faßte wieder Mut, weil er die Ungeheuer nicht mehr zu fürchten brauchte, und begann nun mit dem Ausdruck einer wahren Reue sofort seine Beichte. Während Don Bosco ihn lossprach, kehrte die Mutter mit den Hausbewohnern zurück, die auf diese Weise Zeugen des Vorfalls wurden. Karl rief, zu seiner Mutter gewendet: Don Bosco rettet mich vor der Hölle!'
So blieb er etwa zwei Stunden bei vollständig klarem Bewußtsein; nur war sein Leib die ganze Zeit über so kalt wie vor dem Erwachen, obgleich Karl sich bewegte, umschaute und sprach. Unter anderem sagte er zu Don Bosco wiederholt, er möchte den jungen Leuten angelegentlich stets Aufrichtigkeit in der Beichte empfehlen.
Der Ehrwürdige fragte ihn zuletzt:
'Du bist jetzt im Gnadenstande: der Himmel steht dir offen. Willst du hinaufgehen oder hier bei uns bleiben?'
Er antwortete: 'Ich will in den Himmel gehen.'
Und Karl ließ den Kopf auf das Kissen zurücksinken, blieb mit geschlossenen Augen regunglos liegen und entschlief im Herrn.
Man darf nun nicht glauben, daß der erzählte Vorfall in der Stadt großes Aufsehen erregt hätte. Don Bosco hatte bei dem ganzen wunderbaren Ereignis sein schlichtes und anspruchsloses Wesen nicht abgelegt, ja, er hatte sogar behauptet, der von ihm wieder ins Leben zurückgerufene Knabe sei überhaupt nicht tot gewesen, die politische und durch den Krieg verursachte Erregung in den ersten Monaten jenes Jahres zerstreute und beschäftigte die Gemüter zu sehr, als daß man sich um anderes viel gekümmert hätte. Auch war die Familie bestrebt, alles zu vermeiden, was dem Andenken des geliebten Toten schaden könnte; sie sprach daher über den Vorfall nicht zu Fremden, und auch gegen die Nachbarn schwieg man sich von Anfang an aus.
Dennoch wurde die Geschichte unter den Kameraden des Verstorbenen ruchbar und erhielt sich im Oratorium als sichere Tatsache unwidersprochen lange Jahre hindurch. Man kannte die Lage und das Schild des fraglichen Wirtshauses, Vor- und Zunamen des Knaben, die Staatsangehörigkeit der Familie und ihre mehrjährige Freundschaft mit Don Bosco.
Der erzählte Vorfall wurde von außerhalb Piemonts bekannt. Im Jahre 1858 trat der Diener Gottes seine erste Reise nach Rom an, und zwar in Begleitung des Klerikers Michael Rua, der damals Subdiakon war. Bei dieser Gelegenheit machte Rua die Erfahrung, daß der obenerzählte Vorfall auch vielen Römern bekannt war. Im Jahre 1862 saß er – damals schon Priester – bei Tisch und sprach zu seinem Nachbarn davon. 'Don Bosco', so erzählt die Chronik des Oratoriums, 'hatte in geringer Entfernung von ihm seinen Platz, schenkte aber trotzdem der Erzählung seine Aufmerksamkeit; wir sahen, wie er ganz rot wurde. Auf einmal wendete er sich zum Erzähler und unterbrach ihn mit gedämpfter Stimme:
'Schweig', sagte er, 'ich habe nie gesagt, daß ich es war; keiner braucht es zu wissen.'
In der Tat erzählte der Ehrwürdige den Vorfall mehr als fünfzigmal seinen Knaben im Oratorium und unzählige Male in anderen Häusern, aber sich erwähnte er dabei nie. Er nannte weder Namen noch Örtlichkeit und vermied sorgfältig alles, was ihn beteiligt erscheinen lassen konnte. Immer brachte der Diener Gottes die Geschichte in derselben Weise vor, ohne je etwas zu ändern oder hinzuzfügen, obwohl manchmal die Rührung seine Stimme fast erstickte: Man sah, daß er bei dem Ereignis anwesend gewesen war, weil es einen so tiefen Eindruck bei ihm hinterlassen hatte.
Einmal aber verriet er sich doch, ohne daß er es bemerkte. Im Jahre 1882 erzählte er die Geschichte den jungen Leuten des Kollegs in der Vorstadt Sankt Martin, nachdem die Abendgebete verrichtet worden waren. Mitten im Bericht änderte er die Erzählungsweise und ging von der dritten Person zur ersten über: 'Ich trat ins Zimmer ... ich sagte zu ihm ... er antwortete mir ...' und so fuhr er eine geraume Zeitlang fort, bis er zum Schluß wieder in der dritten Person sprach. Der Verfasser war hierbei zugegen. Die Salesianer sahen sich einen Augenblick bedeutungsvoll an, die Jünglinge hingen erstaunt und begeistert an seinem Munde. Als der Ehrwürdige geendet hatte, schritt er durch ihre Reihen, um sich auf sein Zimmer zu begeben. Während sich alle um ihn drängten, sah man an seinem Blick und aus seinen Worten, daß er von dem, was vorgefallen war, keine Ahnung hatte; es wagte auch keiner, ihn darauf aufmerksam zu machen, um nicht seine Demut zu beleidigen.

Aus: "Auferweckungen vom Tode" - Aus Heiligsprechungsakten übersetzt von (Pfr.) Wilhelm Schamon i, 1968, im Selbstverlag des Verfassers. S. 118ff. - Erstmals erschienen in «DAS ZEICHEN MARIENS», 23. Jahrgang, Nr. 2, Juni 1989, Seiten 7217/7218.

Mittwoch, April 18, 2007

Die Muttergottes läßt den heiligen Johannes Bosco hineinschauen in die ewigen Strafen, die jene erwarten, die mit der Sünde nicht brechen wollen

Die Annalen des Kartäuserordens berichten uns folgendes Ereignis:
Im Jahre 1082 starb in Paris ein berühmter Professor. Als die Geistlichen und die Schüler am offenen Sarg die kirchlichen Tageszeiten sangen und der Lektor die Worte aus dem Buche Job las: "Antworte mir, welche große Missetaten habe ich denn?" da richtete der Tote sich auf und mit lauter Stimme rief er: "Ich bin angeklagt!" Dann sank er wieder leblos zurück. Entsetzt floh alles aus der Kirche. Am anderen Tage wurden wieder die Tagzeiten gesungen und bei der gleichen Stelle richtete sich der Tote abermals auf und jammervoll rief er aus: "Ich bin gerichtet!" Zitternd vor Schrecken floh wieder alles aus der Kirche. Am dritten Tage strömte die ganze Stadt zusammen. Wiederum erhob sich der Tote während des Kirchengebetes und im Tone der Verzweiflung schrie er: "Durch das gerechte Urteil Gottes bin ich ewig verdammt!" und wieder sank er leblos zurück. Unbeschreiblich war der Eindruck dieses Ereignisses. Der gelehrte Domherr Bruno, der Zeuge dieses Ereignisses war, wurde so erschüttert, daß er sich mit sechs anderen gleichgesinnten Freunden von der Welt zurückzog und den berühmten Kartäuserorden gründete.
Es ist Glaubenssatz, daß die Hölle existiert und daß die Teufel sowie auch die Menschen, welche im Zustande der Todsünde sterben, mit ewigen Peinen bestraft werden. In der Gerichtsszene bei Matthäus spricht der erzürnte Richter zu den Verworfenen: "Weichet von mir, ihr Verfluchten, ins ewige Feuer, das dem Teufel und seinem Anhang bereitet ist." Es ist schwer, uns eine auch nur einigermaßen erschöpfende Vorstellung zu machen von der Strafe der Verdammnis als auch von der Feuerpein der Hölle. Wir müßten erfassen können, was es ist, Gott sehen, Gott erkennen, Gott besitzen. Wir können Vergleiche anstellen. Wie einer, der sich stets einer blühenden Gesundheit erfreut, es doppelt schmerzlich empfindet, wenn er sie plötzlich verliert, so wird auch der Verdammte erst dann erkennen, was die Beraubung der Anschauung Gottes ist, wenn er von Gott verstoßen ist. Sicher muß es eine furchtbare Pein sein. Unsere Seele ist für Gott erschaffen; Gott ist ihr letztes Ziel. "Unruhig ist unser Herz", sagt der heilige Augustinus, "bis es in dir ruht, o Gott!" Dazu kommt noch die Verzweiflung. Die Seele versteht und erkennt, daß sie auf ewig verdammt ist, und zwar aus eigener Schuld. Ein Augenblick hätte genügt, um einen Akt der Reue zu erwecken, sie wollte nicht; wie oft wurde ihr die Gnade angeboten, sie hat sie hartnäckig verweigert. Jetzt ist die Zeit vorüber. Und die Feuerpein! Wir wissen ja nicht, worin das Wesen dieses Feuers besteht, aber sicher ist, wenn der Heiland das Wort Feuer gebrauchte, um das zu bezeichnen, womit die Verdammten gepeinigt werden, so wählte er ein Wort, das am besten die Höllenqual zum Ausdruck bringt.
Heutzutage hat man fast eine Scheu über die Hölle zu sprechen und zu predigen. Nicht so der heilige Don Bosco. Belehrt von seiner himmlischen Lehrmeisterin, benützte er auch dieses Mittel, um seinen Knaben Abscheu vor der Sünde einzuflößen. Die Muttergottes ließ ihn hineinschauen in den Ort der ewigen Pein und Qualen, sie ließ ihn soagar schauen, wohin einzelne seiner Knaben kämen, wenn sie in dem Seelenzustand, in welchem sie sich zur Zeit befanden, in die Ewigkeit abberufen würden. Der gute Vater erzählte es seinen Knaben mit zitternder Stimme, und die Wirkungen waren überaus heilsam.

Fortsetzung des Traumes über die Hölle

Don Bosco erzählt weiter:
Jetzt haben wir die Linie überschritten. "Willst du nun die Höllenqualen bloß sehen oder auch probieren?" "Nur sehen", antwortete ich. Der Führer nahm mich bei der Hand, führte mich zur oben erwähnten Tür und öffnete sie. Da zeigte sich ein Gang, der in eine Höhle mündete, die aber durch ein hohes Fenster abgeschlossen war, das aus einem einzigen Stück Kristall war. Durch dasselbe konnte man in die Höhle hineinschauen. Als ich einen Blick hineinwarf, ward ich starr vor Schrecken. Es bot sich meinen Blicken eine Art Felsenschlund, der sich wie im Innern der Erde in Krümmungen, Einbuchtungen und Schluchten verlor. Überall war alles voll Feuer, aber nicht wie wir es auf Erden sehen, mit aufsteigenden Flammen, sondern alles war weißglühend. Felsen, Steine, Holzblöcke. Die Hitze hatte sicher mehr aus tausend Grad; aber nichts verbrannte, ich kann es gar nicht schildern, so wie es ist. Als ich so diese feurigen Massen betrachtete, da hörte ich ein Schreien. Ich wandte meinen Blick nach der Richtung von woher der Schrei kam, da sah ich wie ein Knabe aus einer solchen Schlucht hervorkam,und unmittelbar vor mir, d.h. ich schaute durch das Kristallfenster, mit einem furchtbaren Schrei in eine Art Seee stürzte, der aussah wie glühendes, flüssig gemachtes Eisenerz. Sein ganzer Körper war sogleich glühend wie die übrige Masse, und er lag unbeweglich in diesem See von glühendem, flüssigem Eisenerzt. Es schien mir ein Knabe vom Oratorium zu sein und ich fragte meinen Begleiter: "Ist dieser nicht einer von meinen Knaben?" "Jawohl, so ist es", erwiderte er mir.
"Warum bleibt er so liegen und ändert seine Lage nicht, und weshalb ist er gleich so weißglühend?"
"Du hast gesagt, du willst bloß schauen und deshalb laß das Sprechen. Übrigens: Omnis enim igne salietur, et omnis victima sale salietur." Kaum hatte mein Begleiter dies gesagt, als schon wieder ein anderer mit demselben Schrei in den See hineinstürzte und ebenso sogleich weiß erglühte und liegen blieb. Und rasch aufeinander noch mehrere andere.
Ich wußte nicht mehr, wie mir war. Starr vor Schrecken und Schaudern betrachtete ich dieses Schauspiel. Der erste streckte einen Arm und ein Bein aus der glühenden Masse, ein anderer streckte beide Füße aus dem See, während der ganze übrige Körper in der glühenden Masse steckte, und so lagen sie in den verschiedensten Weisen da. Viele kannte ich, viele auch nicht. Ich erinnerte mich da des Ausspruches der Heiligen Schrift: "Lignum in quocumque loco ceciderit, ibi erit: Wo das Holz fällt, bleibt es liegen."
Ich fragte nun wieder meinen Begleiter: "Wissen diese Knaben, die da ins höllische Feuer stürzen, daß sie hierher kommen?"
"O ja! Die wußten es ganz genau, daß ihnen die Hölle droht; sie wurden schon tausendmal aufmerksam gemacht; aber sie ließen sich nicht abhalten. Freiwillig stürzen sie sich ins Elend dadurch, daß sie die Sünde nicht verabscheuen und die unendliche Barmherzigkeit Gottes, die sie so oft zur Buße anregt, einfach zurückweisen."
"O, in welche Verzweiflung werden die geraten, welche keine Hoffnung mehr haben, da herauszukommen!"
"Willst du sehen, von welcher Wut und Raserei ihre Seelen durchwühlt sind? Da komm her!" Und er führte mich einige Schritte weiter; da sah ich, wie diese Unglücklichen sich gegenseitig zerkratzten und zerfleischten, wie sie sich in einander verbissen wie tolle Hunde. Plötzlich öffneten sich die düsteren Schluchten nach oben und wie durch Kristall sahen diese Verdammten die Herrlichkeit des Himmels, sie sahen ihre Kameraden, strahlend in Freude und Glückseligkeit, auf ewig gerettet.
Und die Verdammten knirschten vor Wut und Neid und Verzweiflung: "Peccator videbit et irascetur, dentibus suis fremet et tabescet." Ich fragte wieder, warum man keine Stimme höre. "Neige dein Ohr zum Kristallfenster und du wirst etwas hören." Ich neigte mich hin und hörte, wie sie heulten und schrien, wie sie fluchten und lästerten. Es war ein Durcheinander von Stimmen, daß man nichts verstand. Da fragte ich abermals den Begleiter, was sie sagen.
"Was sie sagen, was sie schreien? 'Nos insensati, vitam illorum aestimabimus insaniam et finem illorum sine honore. Ecce, quomodo computati sunt inter filios Dei et inter sanctos sors illorum est. Ergo erravimus a via veritatis: Wir Toren, wir hielten ihr Leben für Wahnsinn und ihr Ende für ehrlos. Seht, wie sie unter die Kinder Gottes gezählt sind und ihr Anteil unter den Heiligen ist. So sind wir also vom Wege abgeirrt.'
'Lassati sumus in via iniquitatis et perditionis. Erravimus per vias difficiles, viam autem Domini ignoravimus. Quid nobis profuit superbia? Transierunt omnia illa tamquam umbra: Wir haben uns abgemüht, auf dem Wege der Ruchlosigkeit und des Verderbens und sind harte Wege gewandelt, den Weg des Herrn aber haben wir nicht erkannt. Was hat uns der Hochmut genützt? Dieses alles ist vorübergegangen wie ein Schatten.'" Diese traurigen Verzweiflungsrufe werden die ganze Ewigkeit hindurch ertönen, ohne ein Ende zu nehmen.
Plötzlich durchzuckte mich ein Gedanke. Aber diese Knaben sind doch nicht alle verdammt, sie waren gestern abend noch am Leben? Und der Begleiter sagte: "Alle, die du hier siehst, sind im Zustande der schweren Sünde und wenn sie sterben würden, kämen sie hierher, in diesen Ort der Qual. Aber verlieren wir keine Zeit." Und er führte mich einen Gang tiefer. Da sah ich dieselben Knaben wie oben, aber sie waren über und über voll Würmer und voll von nagenden Tieren, die in den Augen, am Herzen, an Händen und Füßen, an den Armen und Beinen nagten und fraßen. Es läßt sich nicht in Worte kleiden, was ich da sah. Über dem Fenster standen die Worte: "Vermis eorum non moritur et ignis non extinguitur... dabit dominus omnipotens ignem et vermes in carnes eorum, ut urantur et sentiant usque in sempiternum: Ihr Wurm wird nicht sterben und das Feuer wird nicht erlöschen..."
Das sind die Gewissensbisse. Der Gedanke an die vielen Mittel, die zur Verfügung standen, um sich zu bekehren, um auszuharren im Guten. Die Erinnerung an die vielen Gnaden, die ihnen durch die Fürbitte Mariens angeboten wurden und sie nicht benützten. Dies alles sind furchtbare Gewissenbisse.

Tugendübung: Denken wir oft daran: Wer im Zustande der Todsünde lebt, kann jeden Augenblick in den Abgrund der Hölle stürzen.
Stoßgebet: Herz Jesu, Rettung derer, die auf dich hoffen, erbarme dich unser!