Dienstag, Mai 23, 2006

Maria, sedes sapientiae - Sitz der Weisheit

(Spr. Sal. 8. 12.-36. - Joh. 1. 1.5.)

Seht den "Sitz der Weisheit" thronen
So voll Macht und Milde rein,
Bei den Menschenkindern wohnen
Scheint fürwahr Ihr Lust zu sein!
Hält "das Wort" auf Ihren Knieen,
Das von eh' beim Vater war,
Das Ihr Schoß der Welt verliehen,
Da als Jungfrau Sie gebar!

Dieses Wort der Ewigkeiten,
Gott von Gott - durch das gemacht
Alles auf der Welt, der weiten,
In so wundersamer Pracht, -
Ohne welches nichts entstanden,
In dem alles Leben liegt,
Alles Licht in allen Landen, -
Dieses Wort die Jungfrau wiegt!

Und so sproß aus Ihr, der Hehren,
Aller Weisheit Füll' fürwahr,
Daß als "Sitz der Weisheit" ehren
Fromm sie muß der Christen Schar;
Wer "das Wort" will recht verstehen,
Wer in's Herz es fassen will, -
Zu Maria muß er gehen,
Bei Ihr lernen fromm und still!

Doch der Welt und ihrem Wissen
Bleibt "das Wort" ein totes nur,
Weil sie stolz sich losgerissen
Von der wahren Weisheit Spur,
Weil mit Lucifer erhoben
Gegen Gott sie frech das Haupt,
Und - von falschem Wahn umwoben -
Nur dem eig'nen Ich geglaubt!

Und so ist sie denn versunken
In so trostlos tiefe Nacht,
Daß - trotz aller Geistesfunken -
Nie der Wahrheit Licht ihr lacht!
Mag sie noch so viel erfinden
Auf der Höhe der Kultur, -
Wahre Weisheit zeigt den Blinden
Nie sich auf so falscher Spur!

Nur drei Himmelstöchter - reine,
Hehre - recht das Wort versteh'n,
In der Gottheit Strahlenscheine
Froh der Wahrheit Weg sie geh'n!
Diese drei erhabn'nen Wesen,
Glaube, Hoffnung, Liebe sind,
Leicht "das ew'ge Wort" sie lesen,
Weil ihr Blick von Stolz nicht blind!

"Credo" - spricht der Glaube mutig -
"Fest an den dreieinen Gott,
Der uns schuf, der todesblutig
Uns erlöst vom ew'gn Tod,
Der geheiligt uns're Seele,
Sie zum Tempel sich geweiht, -
Diesen Gott ich mir erwähle
Als mein Gut für ew'ge Zeit!"

"Amo!" - schwört voll Glut die Liebe,
"Will sonst nichts als Ihn allein,
Den es zog mit starkem Triebe
In die Welt - als Kind so klein,
Der am Kreuz für mich getorben,
Der noch heut' auf dem Altar
Sich mir gibt, - Er hat erworben
Meine Lieb' sich immerdar!"

Und: "Speravi!" - jauchzt voll Freude
Hoffnung - "auf den Herrn allein,
Ob auch Leib und Seel' sich scheide, -
Dennoch will getrost ich sein!
Denn ich hoff' im ew'gen Leben, -
Und nicht täuscht mich mein Vertraun'n! -
Von des Himmels Licht umgeben -
Gottes Antlitz froh zu schau'n!"

Glaube, Liebe, Hoffnung halten
So beim ew'gen Wort die Wacht,
Hehre, himmlische Gestalten,
Reich an Milde, Mut und Macht! -
Willst du, Herz, den Frieden wieder?
Glaubend, hoffend, liebend knie'
Vor dem "ew'gen Wort" dann nieder,
Und zum "Sitz der Weisheit" flieh'!

Cordula Pregrina (C. Wöhler), Marienrosen entsprossen zu Füßen uns'rer lieben Frau, Schwarz, Tirol, amFeste Mariä Himmelfahrt 1897.

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