Mittwoch, März 08, 2006

Unser lieben Frauen Bild zu Monserrat in dem Königreich Spanien

Es ist in Catalaunien ein Berg, so der abgeschnittene Berg von Alters hero der Ursachen genennt wird, allweilen ein guter Theil seiner hohen Schroffen also glatt und Winckelrecht zu allen Seiten geformbt ist, als ob sie von der Kunst, und nicht von der Natur ihr Form und Figur empfangen hätten. Vor Zeiten ware diß Ort berühmt wegen Verehrung der falschen Götter, hernach ist es von den Christen gar verlassen worden, biß Joannes Quarinus ein heiliger, und mehr dem Himmel, als der Erden bekandter Einsidler, sein Wohnung darinn gesucht und gefunden. Deme setzte der böse Feind auff ein neue, und gantz ungewohnliche Weiß nach. Massen er die Gestalt eines betagten Wald-Bruders an sich genommen, den Johannem, als ein alten Innwohner deß Bergs besucht, auch mit jnbrünstigen Geistlichen Gesprächen einen Glückseligen Anfang der neuen Kundschafft gemacht. Quarinus sagte GOTT dem Allmächtigen Danck, daß er einen so erfahrnen Vatter ohn alles verhoffen hätte angetroffen, bey deme er alle Geistliche Hülff zu suchen, und zu finden hätte.
Guifrapelus Graf in Catalaunien, und gemeldtes Bergs Grund-Herr, hatte ein Tocher: in diese (O Abgrund der Urtheil GOttes!) fuhre der böse Feind und peinigte sie gantz jämmerlich. Gewißlich ein schwerer Zustand, und grosse Plag in einem Adelichen Hauß. Nun ware kein Abgang deren, die mit allerhand, auch von weiten hero gesuchten Mittlen, den bösen Gast zu vertreiben, sich understunden, und vermainten nitwenig geschafft zu haben, da sie den bösen Feind dahin getriben, daß er durch Beschwörungen gezwungen, frey herauß gesagt: Quarinus allein seye der jenig, durch dessen Gewalt er weichen müsse. Nun wurde Quarinus mit grosser Mühe gesucht, letztlich gefunden, und von dem Grafen besucht, endlich auch nach erzehltem allem Verlauff jnnständig gebeten, den Allmächtigen GOtt für die elende und unschuldige Creatur zu bitten, welche er jhme dann dises redend, auch mit weinenden Augen vorgestellt. Der erbärmliche Zustand hat auch Quarino die mitleidige Zäher außgetrieben, und da er sich durch vilfältiger, bey heiligen Leuten gewohnlicher Entschuldigung, endlich erbitten lassen, hat er nach nicht sehr langem Gebett vermöcht, daß der böse Feind seinen Abtritt mit gewisen Zaichen genugsam zu verstehen geben. Nachdem aber der Graf mit Freuden GOtt mit seiner lieben Mutter gelobt, sich von seinem Gutthäter Quarino mit gebührendem Danck beurlaubet und gegen Hauß gewendet, haben etliche auß dem Hof-Gesind jhrem Gnädigen Herren zu Gemüt geführt die strenge und ernstliche Betrohung deß bösen Feinds, und seiner unfehlbaren Widerkunfft, im Fall die Fräulein vor dem neundten Tag ausser deß Wald-Bruders Zellen sich finden wurde. Dahero dann wegen so treulicher Ermahnung der Graf widerumb sich zuruck mit der Tochter in die Zellen zu Quarino begeben, mit bitten, er wolle geruhen, die Tochter wegen obstehender Gefahr in der Zellen zu beherbergen, biß mit dem neundten Tag auch die gefährliche Betrohungen deß nunmehr außgetribnen bösen Feinds verwichen. Darauff der Alte geantwort, was die heilige pflegen, sein aigner Gefahr mit Demut angedeutet, auch nicht verschwigen, daß er noch lebe, ob schon er alt und betagt wäre. Nachdeme aber der Graf zu mehrmalen jnnständig angehalten, hat Quarinus sich überreeden lassen, und die Fräulein, so da, wegen jhrer Sicherheit, niit mehr wünschte, bey sich behalten, und den Grafen mit allen den seinigen nach gegebnen Segen von sich gelassen, welcher gleichwol auff dise kurtze Zeit sich nur biß in das an dem Berg gelegne Dorff begeben. Die vom Vater verlassne Tochter ist von Quarino nicht verlassen worden; welcher sich gleich die erste Täg hoch verwundert über den Frucht und Zunemmen, so sie auß seinen Geistlichen Gesprächen geschöpfft hatte, und der Jungfrauen mehr Tugend angesehen, als sie gehabt. Nicht weniger beschaute auch die Jungfrau mit jhrem Nutz, aber nicht ohne Quarini Gefahr die strenge Tugend deß Wald-Bruders. Aber was ligt daran, ob wir den Basilic sehen, oder von jhme gesehen werden, wann wir müssen von seinem Gifft sterben? Wer solte doch von der unschuldigen Tauben ein Betrug, von einem so gestärckten und alten Heiligen ein Schwachheit argwohnen? ob schon der Alte auß Eisen, die Jungfrau auß Stain wäre, hat doch der böse Feind Menschlichem Brauch nach zwischen jhnen ein Feur erweckt, dessen erster Funcken in deß Wald-Bruders Hertz als einen Zundel gefallen. Welches doch endlich der Alte, aber spat vermerckt, daß er nemblich mit sambt der Tugend auch etwas anders in der Jungfrauen hoch schätzte. So hat auch der böse Feind das Feur unvermercklich also gemehret, daß der gute Alte mehr als klar sein Unhail ersahe. Deßwegen der alsbald umb Hülff zu seinem vermeinten Mit-Bruder sich verfügt, alles treulich entdeckt, umb Rath seiner Seelen gesucht, welcher jhn gestärckt, aber keines wegs zugelassen von der Jungfrauen zu weichen, sonder die noch übrige wenig Täg gedult zu haben, und zu streitten, bey so beschaffnen Sachen seye kein Gefahr zu beförchten, Johannes nunmehr gar zu fast gestärckt, kehrt zu ruck in sein Zellen, und befindet sich in kurtzem schwächer, als er ein kleines zuvor vermeinet. Massen er auß Rath seines Wald-Bruders die unschuldige Jungfrau zu seinem Gefallen gezwungen, welches dann solche Verwirrung in seinem Gewissen verursacht, daß er sich wider umb Rath zu seinem Mit-Gesellen alsbald verfügt, jhme alles offenbahret, und Hülff begehret. Der vermeinte Einsidler, als der zu geschehenen Sachen das beste wolt reden, erzaigte grosses Mitleyden mit dem armen Sünder, gebotte vor allem alles in der höchsten stille zu halten. Aber wie wurde das müglich seyn, da ein Weibs-Person dessen Wissenschafft hätt? Deßwegen jhne für Rathsam, ja nothwendig angesehen, damit einem so gefährlichen und langwürigen Handel gleich anfänglich ein End gemacht wurde, die Jungfrau zu entleiben, auß bayden Ublen solle er, ja müsse das weniger erwöhlen, werde auch GOtt weniger verletzt durch solchen Mord, als durch so vilfältige Sünden und Ungelegenheiten, so auß Offenbahrung begangner Sünd wurden unfehlbarlich erfolgen. Nun so böß diser Rath war, so gute statt hat er gefunden. Quarinus liesse jhme alles gefallen, was sein Wald-Bruder so freundlich gerathen: geht heim, schneidet der unschuldigen Fräulein mit einem Messer die Gurgel ab, und vergrabt sie gleich an dem Ort. Dem Grafen aber, so nach verflossnen neun Tägen Quarinum mit den seinigen besucht, in Mainung sein nunmehr von dem bösen Feind versicherte Tochter abzuholen, gibt er mit traurigen Worten für, sie habe sich ohne sein vorwissen auß der Zellen begeben, und habe sich glaublich wegen eines Fehl-Tritts in Abgrund eines Thals verfallen: kunde nichts anders vermuthen, allweilen schon etliche Täg auff sein vilfältiges schreyen und rueffen jhr Stimm und Antwort nicht mehr seye erhört worden. Mit dieser Antwort müßte sich der Graf abfertigen lassen, und zug wider nach Manresa.
Nach dem Abzug deß Grafens, und gnugsamer Erkandtnus deß vermainten Einsidlers, hat auch Quarinus die Augen auffgethan, sich zu wahrer Buß gewendet, und nach Rom gewallet.
Nicht lang hernach haben aller Sachen unwissende siben Catalaunische Hirten-Buben, so sich Nächtlicher Weil bey jhren Schaafen auffhielten, an ainem Ort deß Bergs vermerckt, das gewise Nächt ein schöne liebliche Flammen von Himmel herab falle, und an gemeltem Ort ein geraume Zeit verbleibe. auß dem dann die unschuldige Knaben etwas himmlisches und übernatürliches geargwohnet, weil jhnen solches Gesicht nur allain allzeit an der Sambstag Nacht vorkäme. Zaigens derowegen jhren Elteren an, dise, nachdem sie gemelten Glantz ain- oder zweymal gesehen, haben solches dem Pfarr-Herren angezaigt: der dann auch nit weniger als zwaymal selbst aignen Augen-Schein wolte einnehmmen, ehe dann er zu hoher Geistlicher Obrigkeit dem Bischoffen zu Manresa so ungewohnliches Wunder berichtete. Welcher sich nicht lang gesaumet, sonder gleich den nechtstfolgenden Sambstag sich mit etlichen Geistlichen und Weltlichen an ein bequemes Ort begeben, solches Wunders auch ansichtig zu werden, und gleichwol hernach, was zu thun wäre, mit Rath zu beschliessen. massen er dann auch ohne Verzug gethan, und gleich deß andern Tags Leuth verordnet, welche mit umbhauen deß verwachßnen Gesträuß Weeg machten, dahero dann auch er selbsten ohne grosse Beschwernus an den Ort kommen, allwo ein Höle in dem Felsen, und in der Höle ein altes, aber überauß schönes Mariae-Bild gefunden worden, ist auch von männiglichen ein ungewohnlicher, ja gantz unbekanter und sehr lieblicher Geruch gespührt worden. Gleich nach gebührender Verehrung deß H. Bilds hat sich auß Befelch deß Bischoffs das wenige Völcklein, so zugegen, in Processions-Ordnung gestellt, den erfundenen Schatz und grösserer Andacht willen in das Dorff zu begleiten, welches dann dem Ansehen nach das H. Bild selbsten begehrte, massen es sich ohn alle Beschwernus erhöben, und fort tragen liesse.Als man aber an das Ort kommen, wo der noch unbekandte Mord beschehen, und die unschuldige Tochter begraben ruhete, ist das sonst hültzene Maria-Bild durch übernatürliche Krafft also schwere worden, daß es der Träger wider seinen Willen müßte auff die Erden nidersetzen, da er anderst wolte, daß es jhme Schwere halber nicht auß der Hand fiele, so hat auch kainer auß den Beywesenden so starck an Kräfften sich befunden, der das heilige Bild weiter bringen möchte. Auß dem dann der Bischoff abgenommen, die Mutter GOttes wolle an disem, und kainem anderen Ort in dieser jhrer Bildnus verehrt werden; deßwegen er verordnet ein Capellen zu erbauen, welche dann in aller Eil durch Mittel deß umbligenden Gehültzes ist verfertiget worden, und wegen vilfältiger und Augenscheinlicher Wunderzaichen nach und nach starck zugenommen.
Nun hat sich begeben, daß deß offtgedachten Grafens Jäger mittels der Jaghund das Gebürg durchsuchten, umb etwas frembdes jhrem Herren heimb zu bringen, allwo sie waiß nicht wo ein vierfüssiges Thier eines unbekandten Namens angetroffen, welches auch die Hund nicht dörfften angreiffen, biß letztlich der behertzten Wayd-Leuthen ainer der Bestien den Strick an den Halß geworffen, und nach Hauß geschlaipft. Männiglich wolte den Außspruch geben, als ob es kain Thier, sonder ein Mensch wäre, da nicht sehr vil anzaigen das Gegenspil dartäten, massen, außgenommen die wenige proportion, kein Menschliche Gestalt nicht zu ersehen ware. Derenthalben ohne widersprechen von den Erfahrnisten geurtheilt worden, es seye einer auß dem Geschlecht der Gaiß-Männer, so man vor Zeiten Satyros, Faunos, Pilosos genennet, und wie anderstwo, also auch villeicht auff diesem Berg angebettet worden. Wurde demnach wegen der frembde, beym Leben gelassen, und mit der Speiß, so den Hunden oberfliben, erhalten: der gröste Kosten ware, daß man wegen dises wilden Thiers, offt Gäst hätte wegen deß Zulauffs der Fürwitzigen, solches Wunder zu sehen. Und währete dises ein geraume Zeit, daß allzeit das Wunder-Thier zur Tafel geführt wurde, biß ainsmals in Gelgenwart der besten Befreunden deß Grafens under währender Beschauung, das noch kaum drey Monat alte Söhnlein deß Grafens mit heller, und von allen Beywesenden verständtlicher Stimm dise Wort geredet: Stehe auff, Bruder Johannes Quarine, dann GOtt hat dir deine Sünd verzyhen. Nach welchen Worten das Kind nichts mehr geredt, sonder geschwigen: es schwigen auch zugleich wegen deß Wunders alle Umbstehende, weil keiner wußte, welcher auß jhnen der jenige wäre, den das Kind einen Sünder und einen Bruder genennet. Biß endtlich die vermainte Bestien sich auffgeregt, und mittels aines tieffen Seufftzers, und anderer Geberden, menschlicher Vernunfft Anzaigen geben.
Allhie solle der günstige Leser wissen, daß Guarinus mit Davide gesündiget, mit Nabuchodonosor Buß gethan, allweilen er geurthailet recht zu seyn, daß wer mit Königen sündige, auch mit Königen Buß thue, Massen er schon siben Jahr gethan: dann alsbald jhme nach Abzug deß traurigen Grafens die Augen auffgangen, und er sein Verbrechen erkennet, ist er auff die Erden gefallen, als der unwürdig den Himmel anzusehen, nach vollbrachter Römischer Wallfahrt, in dem Wald, wie ein wildes Thier in steter Bueß herumb krochen. Alsbald nun Quarinus nach dem Seufftzen, die nun sieben jahr underlassene Red gefasset, hat er weitläuffig alles, was sich vor siben jahren verloffen, erzehlet, wie er mit deß Grafen Tochter gesündiget, dieselbe ermördet, und in dise Bueß sich begeben: auch dem Grafen sich gegen aller Straff als ein sündiger Thäter anerbotten. Der Graf verwundert sich ob so grosser und unerhörter Tugend, wolte kaines wegs straffen, was GOtt verzyhen hätte. Liesse jhme vor allem einen Mantel zuwerffen, damit er auffs wenigst wegen der Klaydung einem Menschen gleichedte. Begehrt hernach zu wissen, wo er den Leichnamb begraben, in Mainung die Gebain zu erheben, selbe anderwerts zur Erden zu bestätten, wo jhre Vor-Eltern begraben legen. Quarinus gantz willig, wise dem Grafen den Weeg, und führte jhn mit sambt vilen andern in das Kirchlein, wo das benannte, und Wunderthätige Maria-Bild in Ehren war, mit vermelden, allhie sey die Tochter begraben. Nun erhube sich schon ein obernatürliche Freude in deß Grafen Hertz, welche jhn erweckte alles Guts von der Tochter zu hoffen, als bey welcher Begräbnus (wie obenvermeldet) die Mutter GOttes wolte in Ehren gehalten werden. Alldorten befahle Quarinus etliche gross Stain abzuweltzen, den nunmehr verwesnen Leichnamb zu erheben. Aber es ist an statt der verfaulten Gebain die gantz lebendige und gesunde Tochter wider alles verhoffen, gefunden worden, und ist nit für ein schlechte Stärck geachtet worden, daß der Graf in deren Ansehen wegen der unversehenen Freud nicht entkommen: nicht weniger ist gewesen die Verwunderung Quarini, als welcher besser, als alle andere deß gantzen Verlauffs ingedenck, wol wußte, daß alles ohne Betrug wäre, und er schon vor siben Jahren die ermördte Fräulein begraben hätte. So möchte auch kain Zweifel, wegen verwechselter Person mitlauffen, massen ein gantz rothe Masen an dem Ort der empfangnen Wunden verbliben. Sie erzehlet auff deß Herren Vatters Befragung, wie daß sie allzeit die Mutter GOttes hoch in Ehren gehabt, und deßwegen von jhr das Leben, so sie ohn alle jhre Schuld verlohren, wider oberkömmen. Nachdem aber der Herr Vatter von weitem anhebte von einem guten Heyrath zu reden, hat sie alsbald ohne Scheuch erklärt, jhr Willen seye an disem Ort, da sie zum andernmal das Leben hätte empfangen, das andermal auch den Tod zu erwarten, und begehr sie allhier umb so vil desto mehr zu verbleiben, weil die Mutter GOttes nicht gestattet hat, daß ihr H. Bildnus von disem Ort hinweg getragen wurde, gebühre sich derowegen, daß auch sie von gemeltem Wunderthätitgen Bild die Zeit jhres Lebens nicht wiche. Der Graf hat von der Tochter Heyrath-Gutt alsbald ein Kloster erbauet, und haben sich alsbald etliche Fräulein von Edlem Geschlecht under dise, als erste Äbtissin der Regel deß heiligen Benedicti begeben. Quarinus aber, ob schon er mit sambt deß Dorffs Monistroli Pfarr-Herren dem Kloster in Geistlichen Sachen vorgestanden, hat doch sein Wohnung weder im Wald, noch bey den Kloster-Frauen, sonder bey gemeltem Pfarr-Herrn genommen, und beyde, nach vilen Jahren jhr heiliges Leben vollendet.

Aus:
Marianischer Atlaß
von Anfang und Ursprung Zwölffhundert Wunderthätiger Maria-Bilder
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Beschriben in Latein Von R.P. GUILIELMO GUMPPENBERG: Anjetzo Durch R.P. MAXIMILIANUM WARTENBERG in das Teutsch versetzt /beede der Societet JESU. Erster Theil. Cum Gratia & Privilegio Sacr: Caesar: Majesta speciali. München /In Verlegung Johann Hermann von Gelder / Chur-Fürstl. Hof-Buchhandlern. Gedruckt bey Sebastian Rauch. Im Jahr Christi 1673.

EXEMPLAR im Besitze des IMMACULATA-ZENTRUMS, CH-9050 Appenzell

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